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Ungarn 2018

Der lange Schatten der Stephanskrone – 100 Jahre nach Ende der k. u. k.-Monarchie

Ein Reisebericht von Winfrid Halder

Ungarn verstehen. Ein Versuch – Reisenotizen 2018

 

Es ist immer ein Glücksfall, an einem Ort zu stehen, an dem Geschichte sich verdichtet und mit der Gegenwart verschränkt. Komplexes wird auf engem Raum greifbar, besser noch: sichtbar.

Da ist etwa die »Moschee des Gazi Khassim« in Pécs, errichtet Mitte des 16. Jahrhunderts, bedeutendstes architektonisches Relikt aus osmanischer Zeit in Ungarn. So steht’s in vielen Fremdenführern, meist erfährt der Besucher kaum etwas darüber hinaus. Und er könnte doch so viel mehr lernen: Es handelt sich zum einen heute nicht mehr um eine Moschee, vielmehr ist, wenn man auf die »innerstädtische Pfarrkirche St. Maria« hingewiesen wird, das gleiche Gebäude gemeint. Eine zur Kirche umgewidmete einstige Moschee also? Ja und nein. Denn an dem Ort, an dem die Moschee errichtet wurde, stand zuvor schon eine sehr viel ältere Kirche, nämlich die St. Bartholomäus-Kirche, welche um die Mitte des 13. Jahrhunderts gebaut wurde. An deren Stelle aber stand bereits ein wiederum erheblich älteres, romanisches Gotteshaus. Dieses war für die Bedürfnisse der im Hochmittelalter wachsenden Stadt zu klein und daher durch einen gotischen Neubau ersetzt worden. Denn Pécs war bereits seit 1009 auch Bischofssitz, was die Bedeutung der Stadt schon im frühen Mittelalter unterstreicht.

Die gotische Kirche des 13. Jahrhunderts ging in der Moschee auf. Nach der aus ungarischer Sicht katastrophalen Niederlage in der Schlacht bei Mohacs (29. August 1526), nur knappe 50 Kilometer südöstlich von Pécs, in deren Verlauf der junge ungarische König Ludwig II. (1506–1526) ums Leben kam, ging der Eroberungszug der Truppen des Osmanischen Reiches weiter, den Ludwig hatte aufhalten wollen. Während Ludwigs Schwager, der spätere Kaiser Ferdinand I. (1503–1564), der sich mit seinem Bruder Karl V. (1500–1558) das gewaltige Habsburgerreich geteilt hatte, in einen langwierigen Streit um Ludwigs Erbe (der auch König von Böhmen und Kroatien gewesen war) eintrat, rückten die Truppen von Sultan Süleyman I. (»der Prächtige«) (1494/96–1566) in Ungarn vor. 1543 eroberten sie Pécs und bauten die Stadt zu einem ihrer wichtigsten Stützpunkte im nun muslimisch beherrschten Teil des Königreichs Ungarn aus. Dazu gehörte der Bau der Moschee im Zentrum der Stadt, welche der hohe Würdenträger Gazi Khassim Pascha unmittelbar nach der Besetzung der Stadt anordnete. Die rasche Fertigstellung des imposanten Gebäudes schon 1546 war wohl auch dem Umstand geschuldet, dass zu seiner Errichtung nicht allein der Standort der gotischen St. Bartholomäus-Kirche genutzt wurde, sondern auch deren durch Abriss gewonnenes Baumaterial.

Die Steine der Kirche wurden also zu den Mauern der Moschee, deren Äußeres in seiner schlichten Klarheit bis heute fasziniert. Ihr Standort, freistehend inmitten des Hauptplatzes (heute Széchenyi Tér) von Pécs, betont die Dimensionen des Baues, der 16 Meter breit und 29 Meter lang ist. Am beeindruckendsten war aber wohl schon immer die Kuppel, die sich bis zu einer Höhe von 22,5 Metern aufspannt. Kein Wunder, dass der berühmte Istanbuler Schriftsteller Evliyâ Çelebi (*1611, +nach 1683), dessen Reiseberichte zu den wichtigsten zeitgenössischen Quellen für das Osmanische Reich im 17. Jahrhundert gehören, nach seinem Aufenthalt in Pécs Anfang der 1660er-Jahre die Größe und Schönheit der Moschee rühmte.

Genau genommen handelte es sich nicht nur um eine Moschee (»Ort der Niederwerfung«, also ein Platz für Gebet, aber auch andere Zwecke einer muslimischen Gemeinschaft, etwa Unterricht und Versammlungen), sondern um ein Dschami. Dies bezeichnet einen Ort, an dem regelmäßig gemeinsam das muslimische Freitagsgebet verrichtet wird, nachdem ein Prediger (Chatib, meist der Imam der Moschee) eine Predigt (Chutba) gehalten hat. Gelegentlich wird daher für Dschami auch der Begriff der »Freitagsmoschee« verwendet, die es meist nur in größeren Orten gibt. Das auf Befehl von Gazi Khassim errichtete Gebäude hatte also zweifellos lange Zeit zentrale Bedeutung für das religiöse und soziale Leben der Muslime, die in Pécs lebten.

Dies endete im Oktober 1686. Vor Pécs stand das Heer des Kaiserlichen Feldmarschalls Markgraf Ludwig Wilhelm von Baden-Baden (1655–1707), der, gerade erst 31 Jahre alt, gleichwohl schon ein ruhmreicher Feldherr und der Schrecken der osmanischen Truppen war. Markgraf Ludwig hatte drei Jahre zuvor wesentlich dazu beigetragen, die Belagerung Wiens durch die Armee des osmanischen Feldherrn Kara Mustafa (1634/35–1683) zu beenden. Danach wurde er Oberbefehlshaber des – Rückeroberungsfeldzuges, der seinem kaiserlichen Herrn, Leopold I. (1640–1705), erst wirklich zum König über das ganze Königreich Ungarn machen sollte, des Königreichs, das Leopolds habsburgische Vorfahren schon seit 1526 beanspruchten. Leopolds klug gewählter Feldmarschall Ludwig war ein glänzender Stratege und erhielt nicht von ungefähr bald den Spitznamen »Türkenlouis«. Er schuf die Voraussetzungen dafür, dass Sultan Mustafa II. (1664–1704) 1699 den Frieden von Karlowitz akzeptieren musste. Dieser Vertrag sicherte Leopold I. und seinen Nachfolgern aus dem Haus Habsburg endlich den Besitz Ungarns und bedeutender Teile des heutigen Kroatien und gilt als wesentliche Etappe beim Aufstieg der Habsburger zu einer Großmachtstellung in Südosteuropa – somit gehören die militärischen Erfolge des »Türkenlouis« auch in eine weit gefasste Vorgeschichte des Ersten Weltkriegs.

Als der kriegerische Markgraf, noch in der ersten Phase seines letztlich spektakulär erfolgreichen »roll back« gegen die osmanische Macht, am 14. Oktober 1686 siegreich in Pécs einzog, veranlasste er sogleich, dass der Dankgottesdienst im Dschami des Gazi Khassim abgehalten wurde. Das Gebäude gelangte danach in die Obhut der Jesuiten-Patres, welche die Wiedereingliederung der Stadt in die kirchlichen Strukturen und die Rekatholisierung leiten sollten. Schräg gegenüber des nunmehr als Kirche genutzten osmanischen Baus entstand 1720 das Pécser Jesuiten-Kolleg (heute Schule), das die einstige Macht des Ordens noch immer erahnen lässt.

Die Jesuiten waren es auch, die den Abriss des zum Dschami gehörenden Minaretts veranlassten, nachdem dieses funktionslos und baufällig geworden war – womit das osmanische Bauensemble bis heute unvollständig ist. Allerdings sind spätere Veränderungen durch verschiedene Restaurierungen wieder rückgängig gemacht worden. Die barocke Innenausstattung ist verschwunden und Teile der ursprünglichen osmanischen Gestaltung sind wieder sichtbar geworden, obwohl das Gebäude bis heute nicht rein musealen Charakter hat, sondern noch immer von der katholischen Gemeinde für Gottesdienste genutzt wird. Gut erkennbar ist etwa der Mihrab, die Gebetsnische, die nach Osten – auf Mekka – ausgerichtet ist und demnach den muslimischen Gläubigen die Gebetsrichtung anzeigt. Über dem Mihrab ist das zentrale christliche Glaubenssymbol des Kreuzes angebracht – Osten, das ist auch die Richtung nach Jerusalem.

Wer von der Dschami-Kirche geleitet östlich durch die Altstadt von Pécs, den schönen Széchenyi Tér hinabwandert, der trifft bald auf die imposante, 1869 errichtete Synagoge. Eine jüdische Gemeinde hatte es in Pécs schon unter osmanischer Herrschaft gegeben; nach der Eingliederung der Stadt in den Herrschaftsbereich der Habsburger waren die Existenzbedingungen für Juden dort jedoch längere Zeit schwierig. Ein Ansiedlungsverbot für Juden wurde allerdings nicht lückenlos eingehalten, so dass die jüdische Gemeinde seit Beginn des 19. Jahrhunderts stark anwuchs und sich das bis heute erhaltene repräsentative Bethaus schaffen konnte. Mit der Verfolgung und Deportation der ungarischen Juden durch die deutsche Besatzungsmacht (zumeist in das Vernichtungslager Auschwitz) wurde im Frühsommer 1944 allerdings auch die Pécser Gemeinde fast völlig vernichtet. Für die wenigen jüdischen Einwohner von Pécs heute ist die Synagoge viel zu groß – und auch dadurch ein ständiges Erinnerungszeichen an den von deutscher Seite verantworteten Massenmord. In der Synagoge liegt ein Gedenkbuch aus, das die Namen der mehr als 3.000 ermordeten Gemeindemitglieder enthält.

Christentum, Islam, Judentum haben sich in Pécs getroffen, ihre Zeugnisse sind in der Stadt noch immer präsent, unübersehbar für jeden, der durch sie hindurchflaniert. Wer indes sehen möchte, dass die Geschichte der Stadt noch viel weiter zurückreicht als die mittelalterlichen, frühneuzeitlichen und neuzeitlichen Baudenkmäler erahnen lassen, der muss hinab in ihren Untergrund steigen. Dazu bedarf es nicht bergmännischer Kenntnisse, es geht vielmehr ganz bequem in der Nähe Pécser Doms St. Peter hinab. Der Dom selbst, einen Steinwurf weit nordwestlich vom Dschami, repräsentiert eine Baugeschichte, die bis ins 11. Jahrhundert zurückreicht, in die Zeit also, als Pécs zum Bischofssitz wurde. Wer nun aber heruntersteigt in den Untergrund, der lernt eindrucksvoll, dass lange bevor ein Bischof Einzug hielt in Pécs hier schon Christen lebten. Seit Mitte der 1970er-Jahre legten Archäologen in der Nähe des Doms frühchristliche Grabkammern frei, deren Existenz zum Teil schon länger bekannt war. Die volle Bedeutung der Zeugnisse, die sich 4 bis 6 Meter unter dem heutigen Straßenniveau befinden, wurde allerdings erst seither erkannt. Die mit zum Teil gut erhaltenen Fresco-Malereien ausgestatteten Grablegen gehören zum ältesten christlichen Kulturgut nicht allein Ungarns, sondern ganz Mitteleuropas, entstanden im späten 4. Jahrhundert, also mehr als 1.600 Jahre alt. Im Jahre 2000 wurden sie in die Weltkulturerbe-Liste der UNESCO aufgenommen.

Die Grabstätten sind Zeugnisse der Frühzeit von Pécs: Vermutlich noch im ersten nachchristlichen Jahrhundert wurde hier eine römische Provinzstadt gegründet, welche Sopianae genannt wurde. Kurz nach Beginn des ersten nachchristlichen Jahrhunderts war die ganze Region zwischen Save, Drau und Donau von römischen Truppen dauerhaft erobert worden, um 50 n. Chr. wurde vermutlich die Provinz Pannonia förmlich errichtet. Sopianae lag etwa 40 Kilometer westlich der militärisch gesicherten Provinzgrenze, welche durch die Donau markiert wurde. Damit gehörte die Stadt zum direkten Hinterland des Limes Pannonicus, hatte vermutlich für die Versorgung der dort stationierten Truppen hohe Bedeutung. Mit den römischen Soldaten, den planmäßig hinter der Grenze angesiedelten Veteranen und den Händlern kam auch das Christentum in die Region, verstärkt sind dessen Spuren seit dem 3. nachchristlichen Jahrhundert nachweisbar (übrigens auch jüdische Spuren). Mit der offiziellen Zulassung der christlichen Religion durch Kaiser Konstantin (um 270–337) im Jahre 313 konnten sich die Gemeinden auch »sichtbar« entfalten; die noch vor dem Ende des 4. Jahrhunderts entstandenen Grabkammern in Sopianae/Pécs gehören also in die allerfrüheste Phase der Entstehung eines öffentlich gepflegten christlichen Kultus.

Allerdings lebten die Menschen, welche dort bestattet wurden, in einem sehr unruhigen Teil des späten römischen Reiches. Die Provinz Pannonien wurde gegen Ende des 4. Jahrhunderts eins ums andere Mal von Vorstößen kriegerischer germanischer Stämme geplagt. Um die Mitte des 5. Jahrhunderts verlor Rom die Provinz Pannonien endgültig, bald danach ging das weströmische Reich ganz unter.

Das Christentum indes verschwand nicht mehr, es prägte seither kulturell die Region mit. Dies auch über die »Landnahme« der aus dem Uralraum kommenden magyarischen Stämme hinweg, welche seit Ende des 9. Jahrhunderts ihre Herrschaft dort errichteten. Diese Vorfahren der heutigen Ungarn haben eine Sprache mitgebracht, welche weder zur germanischen noch zur slawischen, sondern zur finnougrischen Sprachenfamilie gehört. Sprachlich gesehen wurde damit gewissermaßen eine Sonderexistenz der Ungarn begründet, möglicherweise ein Grund dafür, dass sie in ihrer Geschichte und bis heute ein starkes Bewusstsein ihrer Eigenart auszeichnet. Historisch und kulturell gehören sie gleichwohl unzweifelhaft zur europäischen Völkerfamilie. Das kann man eben auch in Pécs lernen.

Sopianae, Pécs, Quinque ecclesiae, Fünfkirchen, Pečuh (kroatisch), Pečuj (serbisch) – alles Namen ein und derselben Stadt, von den Römern bis heute. Hier lebten römische Händler, germanische und jüdische Zuwanderer, magyarische Reiter, die endlich sesshaft wurden, muslimische Soldaten, aber auch Kaufleute, für deren Gebete der großzügige Gazi Khassim ein Dschami errichten ließ, Jesuiten-Patres, die den Grundsätzen ihres baskischen Gründers Ignatius von Loyola gemäß das Christentum wieder befestigen wollten, sodann »donauschwäbische« (also meist deutsche) Siedler, die von den Habsburgern gerufen wurden, als die sich des unversehens ererbten Landes mit Hilfe eines badischen und eines savoyardischen Feldherrn (Prinz Eugen, 1663–1736) endlich bemächtigen konnten, »Donauschwaben«, deren Vorfahren aus Franken, Bayern, Böhmen, aber auch aus Lothringen und dem Elsass, aus den Niederlanden und anderswoher kamen, die Pécs jedenfalls seinen deutschen Namen Fünfkirchen bescherten, der bis 1918 noch auf vielen Karten verzeichnet war.

Sie alle umschwirren den Kopf dessen, der auf dem Széchenyi Tér steht, der jenseits des Dschami des Gazi Khazim die Türme des romanischen Doms hervorlugen sieht, in dessen Schatten die frühen Christen des 4. Jahrhunderts ruhen, sie alle bewegen den Betrachter auf dem Széchenyi Tér, zu dessen Linker sich das mächtige einstige Jesuiten-Kolleg erhebt, und der, wendet er sich um, bald der Synagoge ansichtig wird, die ihrerseits einen Teil der Geschichte des Ortes repräsentiert. Da ist es gut, dass der wunderbare Brunnen auf dem Platz, der wie so viele andere Zentralplätze in Ungarn nach Stephan Graf Széchenyi (1791–1860) benannt ist, zum Ausruhen einlädt. Graf Széchenyi war einer der Vordenker der ungarischen Nationalbewegung im 19. Jahrhundert, er wird daher noch heute nicht allein durch viele prominente Straßen- und Platzbenennungen als »größter Ungar« verehrt, neben Lajos Kossuth (1802–1894) versteht sich, der in ungarischen Städten gleichermaßen präsent ist. Den Pécser Kossuth Tér kennen wir ja auch schon, an seiner Ostseite steht die Synagoge. Wer in Ungarn, gleich in welcher Stadt, auf Schilder mit den Namen Széchenyi und Kossuth trifft, der weiß immer: hier bin ich im historischen Zentrum. Schon auf unserer kurzen Reise haben wir in Esztergom, Szeged, Györ, selbstredend in Pécs und zuallererst natürlich im grandiosen Budapest auf dem jeweiligen Széchenyi Tér gestanden.

Noch einmal: Wie gut, dass der Brunnen auf dem Széchenyi tér in Pécs zum Ausruhen einlädt, soviel Geschichte auf einmal, da hat man eine Pause allemal verdient. Den warmen Stein im Rücken, die Sonne im Gesicht, den plätschernden, die Luft angenehm befeuchtenden Brunnen zur Seite, die Augen geschlossen, so läßt sich’s trefflich räsonieren über die Vielfalt der Stadt Pécs oder Sopianae oder Fünfkirchen oder … Diese Stadt, das ist ganz einfach – Europa!

Das ganze Land Ungarn ist, das sollten wir nicht vergessen, Europa. Dies gerade mit seiner sprachlichen Eigenart; die nächsten und zugleich fernen Verwandten im sprachlichen Sinne sind die Finnen, Europäer ihrerseits. Und auch mit seiner historischen Eigenart: Ja, Ungarn hat in einem bedeutenden Abschnitt seiner Geschichte, mag der inzwischen auch 400 Jahre zurückliegen, zu großen Teilen unter muslimischer Herrschaft gelebt und nicht alle Erinnerungen daran sind so erhaben und schön wie der Dschami des Gazi Khassim. Eine historische Erfahrung mit dem Islam jedenfalls, die von der Mehrzahl der europäischen Partnerländer in dieser Form nicht geteilt wird. Und ja, das Trauma von Trianon, des Friedensvertrages am Ende des Ersten Weltkrieges, der Ungarn die weitaus schwersten Territorial- und Bevölkerungsverluste von allen Verliererstaaten auferlegte (weit gravierender als im Falle des damaligen Deutschen Reiches durch den Versailler Vertrag), ist außerhalb Ungarns im historischen Bewusstsein viel weniger präsent als im Lande selbst, welches heute, das stimmt, lediglich ein 1/3-Fragment des historischen Königreichs Ungarn ist. Die Kenntnis und der Respekt vor der spezifischen Seite, welche die ungarische Geschichte im Rahmen der gemeinsamen europäischen Geschichte hat, sind wichtig. Sie schaffen Verständnis für manche Befindlichkeit, ohne dass man deswegen jede krude Instrumentalisierung der besonderen »ungarischen Wunden«, die aktuellen und allenfalls bedingt vergleichbaren politischen Problemlagen gilt, unwidersprochen hinnehmen müsste, im Gegenteil. Ungarn, das ist und bleibt historisch und kulturell – Europa.