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Hellmuth Stieff (1901–1944) und das NS-Regime.

Vortrag und Lesung mit Dr. Katja Schlenker und Prof. Dr. Winfrid Halder

Veranstaltungsreihe: Namen, die bleiben. Düsseldorfer Straßennamen, erinnerungswürdige Persönlichkeiten und der historische deutsche Osten

Hellmuth Stieff, geboren am 6. Juni 1901 im damals westpreußischen Deutsch-Eylau (heute Iława, Woiwodschaft Ermland-Masuren, Polen), entstammte einer Soldatenfamilie. Nach dem Notabitur trat er als 17-Jähriger kurz vor dem Ende des Ersten Weltkriegs im Juli 1918 in die kaiserliche Armee ein. Der offenkundig ungewöhnlich begabte Offiziersanwärter wurde dann 1919 in die Reichswehr übernommen. Bis 1933 war er, angesichts der im 100.000-Mann-Heer der Weimarer Republik äußerst begrenzten Aufstiegschancen, lediglich bis zum Rang eines Oberleutnants befördert worden. Zunächst war Stieff vom NS-Regime begeistert, zumal die rasch einsetzende Aufrüstung und die damit verbundene rasche personelle Vergrößerung der deutschen Streitkräfte für Berufsoffiziere geradezu eine Beförderung nach der anderen bedeutete. Stieff absolvierte eine Generalstabsausbildung und erlebte den Angriff auf Polen im September 1939 im Rang eines Majors i. G., der beim Generalstab des Heeres tätig war. Eine Inspektionsreise führte ihn im November 1939 ins eroberte und weithin zerstörte Warschau – und was Stieff dort sah, stellte einen Wendepunkt für ihn dar. Er war entsetzt nicht zuletzt über den bereits laufenden Massenmord an der jüdischen Bevölkerung. Stieff, der stets erstaunlich freimütige Briefe an seine Frau sandte, schrieb über den Aufenthalt in der polnischen Hauptstadt: »Man bewegt sich dort nicht als Sieger, sondern als Schulbewußter! […] Dazu kommt noch all das Unglaubliche, was dort am Rande passiert […] Ich schäme mich ein Deutscher zu sein! Diese Minderheit, die durch Morden, Plündern und Sengen den deutschen Namen besudelt, wird das Unglück des ganzen deutschen Volkes werden, wenn wir ihnen nicht bald das Handwerk legen.«
Nach dem Beginn des Krieges gegen die Sowjetunion im Juni 1941 erlebte Stieff Hitlers Führungsmethoden, die durch eine vollständige Missachtung der Expertise der Generalstabsoffiziere gekennzeichnet war, aufgrund seiner Verwendung im Oberkommando des Heeres aus nächster Nähe mit. Dies steigerte seine Abneigung gegen diesen drastisch. Dennoch tat sich Stieff mit dem Weg in den aktiven Widerstand schwer. Erst der ihm früher unterstellte Oberst Claus von Stauffenberg konnte ihn dafür gewinnen, so dass der Anfang 1944 zum Generalmajor beförderte Stieff im Vorfeld des Attentats vom 20. Juli 1944 zum engsten Zirkel der Unterstützer Stauffenbergs gehörte. Allerdings quälten ihn wegen des geplanten »Tyrannenmords« bis zuletzt Gewissenszweifel. Wenige Stunden nach dem Scheitern des Anschlags wurde Hellmuth Stieff verhaftet. Er war unter den Angeklagten des ersten Schauprozesses vor dem »Volksgerichtshof« gegen die Attentäter. Unmittelbar nach dem Todesurteil wurde er am 08. August 1944 in Berlin-Plötzensee ermordet.

In der Veranstaltung wird Hellmuth Stieffs Weg vor allem auf der Grundlage der Briefe, die er an seine – aus Schlesien stammende – Frau Cäcilie schrieb, nachgezeichnet.

 

Zur Veranstaltungsreihe:

 

Im Frühjahr 2018 begann ein vom Kulturausschuss der Landeshauptstadt Düsseldorf beauftragtes Expertengremium mit der Überprüfung von Düsseldorfer Straßennamen, sofern sie nach Persönlichkeiten oder historischen Ereignissen benannt waren. Entscheidungen der zuständigen gewählten Gremien sollten vor dem Hintergrund des aktuellen geschichtswissenschaftlichen Kenntnisstands vorbereitet werden, um zu prüfen, ob und gegebenenfalls welche Namen und Bezeichnungen aus heutiger Sicht nicht mehr tragbar sind und demzufolge Umbenennungen erforderlich sind. Nur Personen mit einem Sterbedatum nach 1870 wurden untersucht. Ende Januar 2020 präsentierte das Expertengremium das Ergebnis seiner intensiven Recherchen und Diskussionen. Dabei wurden für knapp 100 Fälle 12 Umbenennungen vorgeschlagen. Das gesamte Vorgehen ist ausführlich auf der Internetseite der Landeshauptstadt Düsseldorf dokumentiert:

www.duesseldorf.de/vermessung/strassenbenennung/umbenennung-historisch-belasteter-strassennamen

Nach einer abschließenden Entscheidung des Rates der Stadt werden voraussichtlich im Frühjahr 2024 die Umbenennungen umgesetzt. Eine Reihe überprüfter Straßenbenennungen, bei denen die Namensgeber auch aus aktueller Sicht als dauerhaft erinnerungswürdig erscheinen, wurden beibehalten. Diese Namen beziehen sich auf Persönlichkeiten, die durch ihr Leben und Wirken Bezüge zum historischen deutschen Osten aufweisen. Im Jahresprogramm 2024 werden ausgewählte Personen aus diesem Kreis vorgestellt.