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Zeichnung Wenzel Jaksch, © Petra Dombrowski
Zeichnung Wenzel Jaksch, © Petra Dombrowski
 
im Gerhart-Hauptmann-Haus

Wenzel Jaksch - Biographische Schlaglichter auf einen Sozialdemokraten aus Mitteleuropa

Buchvorstellung mit Prof. Dr. Michael Schwartz

Der 70. Geburtstag von Wenzel Jaksch lag erst wenige Wochen zurück, als der SPD-Bundestagsabgeordnete und Präsident des Bundes der Vertriebenen bei einem Verkehrsunfall in Wiesbaden am 27. November 1966 ums Leben kam. Jaksch, in kleinbäuerlichen Verhältnissen im böhmischen Langenstrobnitz (heute Horní Stropnice, etwa 35 Kilometer südöstlich von Budweis/České Budějovice) geboren, war als gelernter Maurer bereits in jungen Jahren Sozialdemokrat geworden. Nach dem Ersten Weltkrieg hatte er in der noch jungen Tschechoslowakei (ČSR) als Redakteur von Parteiblättern gearbeitet und war zugleich innerhalb der »Deutschen Sozialdemokratischen Arbeiterpartei« (DSAP) aufgestiegen; 1938 wurde er nach innerparteilichen Richtungskämpfen Parteivorsitzender. Seit 1929 saß er für die DSAP auch im tschechoslowakischen Parlament und bemühte sich ausgleichbereit um die Rechte der sudetendeutschen Minderheit. Bald nach dem Münchner Abkommen vom September 1938 war Jaksch angesichts der Zerschlagung der ČSR durch NS-Deutschland zur Emigration nach Großbritannien gezwungen. Der Vertreibung der Sudetendeutschen nach Kriegsende und Wiedererrichtung der ČSR seit 1945 stemmte sich Jaksch vergeblich entgegen. 1949 ging er in den westdeutschen Teilstaat, wurde SPD-Mitglied und arbeitete zunächst in der Vertriebenenintegration im jungen Bundesland Hessen. Mit der zweiten Bundestagswahl erlangte er 1953 ein Parlamentsmandat und bestimmte die sozialdemokratische Vertriebenenpolitik maßgeblich mit.

Zum Zeitpunkt des plötzlichen Todes von Wenzel Jaksch stand die SPD erstmals unmittelbar vor einer Regierungsbeteiligung auf Bundesebene, denn nach dem Zerbrechen der Koalition zwischen CDU/CSU und FDP verhandelte die Führung der Unionsparteien mit SPD-Chef Willy Brandt über die erstmalige Bildung einer Großen Koalition. Das von Kurt Georg Kiesinger (CDU) als Kanzler und Willy Brandt (Vizekanzler/Außenminister) geführte neue Kabinett übernahm die Regierungsgeschäfte in Bonn nicht einmal eine Woche nachdem Jaksch verstorben war. Vielleicht wäre sonst Jaksch noch in ein Ministeramt aufgestiegen, was gut denkbar ist. Ob oder inwieweit er sich möglicherweise mit seiner in der SPD stark umstrittenen vertriebenenpolitischen Konzeption durchgesetzt hätte, ist somit offengeblieben.

Aber auch so lohnt ein intensiver neuer Blick auf das außergewöhnliche Politikerleben Wenzel Jakschs. Diesen hat jüngst Prof. Dr. Michael Schwartz unternommen, der sein Ende 2023 bei der Friedrich-Ebert-Stiftung erschienenes neues Buch über Jaksch vorstellt. Der habilitierte Historiker Michael Schwartz arbeitet seit vielen Jahren für das renommierte Institut für Zeitgeschichte (München/Berlin). Er lehrt zugleich an der Universität Münster. Eines seiner Spezialgebiete ist die Vertriebenenpolitik in der Bundesrepublik Deutschland. Er gehört dem Wissenschaftlichen Beraterkreis der Stiftung Flucht, Vertreibung, Versöhnung in Berlin an.

 

 

In Kooperation mit: Bund der Vertriebenen, Landesverband Nordrhein-Westfalen

Veranstaltungsort: im Gerhart-Hauptmann-Haus