
Eine Reise nach Rumänien und in die Ukraine (2016)
Unterwegs in der einstigen Habsburgermonarchie: Siebenbürgen, Bukowina und Galizien
Ein Reisebericht von Winfrid Halder
Stepan versäumt es kein einziges Mal. Als ich darauf aufmerksam werde, achte ich darauf – und in der Tat: jedes, aber auch wirklich jedes Mal, wenn wir eine orthodoxe Kirche passieren, schlägt unser ukrainischer Busfahrer das Kreuzzeichen.
Die kleinen Bildchen, offenbar Reproduktionen von Ikonen, waren mir schon zuvor aufgefallen. An den Scheiben zu beiden Seiten des Fahrersitzes, weit oben, um nicht die Sicht zu behindern, sind sie angeklebt. Der beständig wiederholten Geste des Kreuzzeichens werde ich erst später gewahr, als wir fahren. Und wir fahren lang. Stepan hat uns in Czernowitz mit seinem Bus erwartet.
Da liegt der erste Teil unserer Reise schon hinter uns: Von Cluj – dem alten Klausenburg – aus sind wir durch den nördlichen Teil Siebenbürgens gefahren, über Bistriţa/Bistritz und dann quer über den sich in einem gewaltigen Halbrund von Nordwesten nach Südosten schwingenden Karpatenbogen hinüber nach Rǎdǎuţi/Radautz. Auch unser rumänischer Busfahrer ist ein Virtuose: Manche enge Kehre gilt es mit dem großen Fahrzeug zu nehmen und nicht selten trottet hinter einer unübersichtlichen Kurve unversehens ein hoch mit Heu beladenes Pferdefuhrwerk gemächlich auf der Straße vor uns oder uns entgegen. Wahrscheinlich habe ich in meinem ganzen Leben bis dahin nicht so viele Gespanne gesehen wie an diesen drei Tagen in Rumänien. Die Männer auf dem Kutschbock, meist schon etwas älter, wirken gelassen – selbst wenn eine aufgeregte deutsche Touristengruppe aus dem Bus stürzt, mehr oder weniger geschickt mit Fotoapparaten und Handykameras hantiert, um das ach so pittoresk wirkende, von unseren Straßen seit Jahrzehnten gänzlich verschwundene Bild einzufangen, ja, selbst dann lächeln sie freundlich in die Objektive. Womöglich denken sie sich ihren Teil über die Städter, aber anmerken lassen sie es sich nicht …
Durch den siebenbürgischen Teil Rumäniens begleitet uns Anna, und ich bin oft genug Landsleuten von ihr begegnet, um sofort die Siebenbürger Sächsin herauszuhören, ein Landeskind, ohne Zweifel. Ungewöhnlich vielleicht nur insofern als die junge, um die 35 Jahre zählende, in Hermannstadt geborene Reiseleiterin – anders als wohl die allermeisten ihrer rumäniendeutschen Generationsgenossen – der Heimat nie den Rücken gekehrt hat, immer geblieben ist, Deutschland nur von Besuchsreisen her kennt. Dafür hat sie gewiss einiges in Kauf genommen (die, die sich zum Gehen gezwungen sahen, auch, aber anderes). Sie ist, das mag eine Rolle bei der Entscheidung zum Bleiben gespielt haben, stolz auf ihre Heimat. Da erträgt sie es auch mit Gleichmut, wenn auch ein wenig ironisch, dass ihr, der Muttersprachlerin, weniger gut informierte Gäste immer wieder Anerkennung dafür zollen, dass sie, die »Rumänin«, aber »wirklich gut Deutsch gelernt« habe. Und der Stolz auf die ungemein reiche, vielfältige, auch von Deutschen über Jahrhunderte mitgeprägte Kultur und Geschichte ihrer Herkunftsregion schlägt sich nicht zuletzt darin nieder, dass Anna uns nahezu unablässig an ihrem staunenswert breiten Wissen darüber teilhaben lässt. Im Bus ein wenig dösen, den Blick mit hin und wieder zufallenden Lidern auf die in der dunstigen Ferne verblauenden, teils noch schneebedeckten Karpatengipfel richten und träumen? Oh nein, zuhören! Wer die dazu nötige Aufmerksamkeit beständig aufbringt, sie sich vielleicht in manchem Augenblick auch abringen muss, der erhält einen hochkonzentrierten Schnellkurs über das Wichtigste in der Region: Anna schlägt mühelos und beredt den Bogen von den alten Römern, deren Eroberung im frühen zweiten Jahrhundert dem Land viel später zum heutigen Namen verhelfen sollte, über den spätmittelalterlichen König Matthias Corvinus (1443–1490), der gar Wien eroberte, über die habsburgische Herrschaft bis 1918, weiter über den unsäglichen kommunistischen Diktator Nicolae Ceaușescu (1918–1989), der das Land nach Kräften ruinierte, bis hin zum gegenwärtigen Staatspräsidenten und früheren Hermannstädter Bürgermeister Klaus Johannis (geb. 1959), der mit seinem Wahlsieg im November 2014 alle Welt, wohl einschließlich nicht weniger Rumänen überraschte. Bald bin ich mir sicher, dass ich mit meiner Mutmaßung richtig liege: eine Historikerkollegin. Dann besuchen wir – nach Überschreitung der früheren, heute unsichtbar gewordenen ehemals habsburgischen Provinzgrenze zwischen Siebenbürgen und der Bukowina – die Moldauklöster, oder vielmehr nur drei davon, nämlich Moldoviţa (gegr. 1532), Voroneţ (gegr. 1488) und Suceviţa (gegr. 1581). Da zeigt sich: Unsere Reiseleiterin ist kunsthistorisch mindestens ebenso versiert wie historisch. Sie erschließt uns souverän das überwältigende, auf den ersten Blick verwirrend anmutende Bildprogramm der Klosterkirchen, die außen wie innen über und über mit mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Malereien bedeckt sind. Wahrhaft farbige Predigten für die Besucher der Klöster, die den Weg zum Heil im Glauben zeigen sollten und die Schrecken der Hölle dagegensetzten!
Die rücksichtsvollen ukrainischen Grenzbeamten, anderntags am nahen Grenzübergang Siret, verschaffen uns Gelegenheit, darüber zu meditieren, inwieweit für uns vermeintlich aufgeklärte Westeuropäer Himmel und Hölle, die für die Künstler der Klöster ehedem unmittelbare Realität waren, noch von Belang sind. Wir stehen jedenfalls lange genug am Schlagbaum, um gründlich nachdenken zu können. Doch dann ist es so weit, wir sind in der Ukraine, historisch gesehen freilich unverändert in der Bukowina. Das ist ja eine der Merkwürdigkeiten unserer Reise: Wir bewegen uns durch drei moderne Staaten – Rumänien, die Ukraine und zuletzt Polen – und bleiben dabei doch die ganze Zeit über in den einstigen Grenzen der 1918 untergegangenen Habsburgermonarchie. Die Buchen, die im hellen Frühjahrsgrün die Straße säumen, sagen uns eigentlich deutlich genug, dass wir immer noch im Buchenland, in der Bukowina sind. Ja, wir erreichen jetzt ihr Herz, Czernowitz.
Mythenumrankter Ort der Literatur, Heimstätte einer unverwechselbaren und unwiederholbaren kulturellen Symbiose, aber auch Stätte des Schreckens. Rose Ausländer (1901–1988), Paul Celan (1920–1980) und Selma Meerbaum-Eisinger (1924–1942) sind nur die wohl prominentesten Stimmen der Lyrik, die im Czernowitz der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts ihre Wurzeln hatten. Aus der weithin deutschsprachigen Kultur des nicht nur zahlenmäßig starken jüdischen Bevölkerungsteils der Bukowina stammend, hat für alle drei (und für viele andere) die nahezu vollständige Vernichtung dieser Menschen durch das nationalsozialistische Regime und seine Helfer nach dem Einmarsch der Wehrmacht 1941 zentrale Bedeutung gehabt. Die erst 18-jährige Selma Meerbaum-Eisinger starb im Dezember 1942 nach der Deportation aus Czernowitz in einem Zwangsarbeitslager in Transnistrien; nur für kurze Zeit also konnte sie ihr junges lyrisches Talent entfalten und wurde erst lange nach ihrem Tod als eine der bedeutendsten Dichterinnen ihrer Zeit erkannt. Rose Ausländer und Paul Celan haben die antisemitische Verfolgung mit knapper Not überlebt, gezeichnet indes beide. Fern von Czernowitz sollte ihr Leben enden, da für beide nach dem Ende der deutschen bzw. rumänischen Besetzung auch unter der sowjetischen Diktatur kein Bleiben war. Immerhin gibt es aber inzwischen an den Geburtshäusern Gedenkplatten und für Celan seit 1992 überdies ein eigenes Denkmal.
Ungleich prominenter indes – am Ring, dem schlechterdings zentralen Platz der Stadt – ist ein anderes Denkmal platziert: die monumentale Statue Taras Schewtschenkos (1814–1861). Der hatte mit Czernowitz jedoch – eigentlich – nichts zu tun. In der Zentralukraine geboren, hat Schewtschenko den wichtigsten Teil seines Lebens in St. Petersburg zugebracht; er wird als ukrainischer Nationaldichter ver- und allenthalben durch Straßen- und Platzbenennungen wie eben auch Denkmalsetzungen geehrt. Am Czernowitzer Ring steht das Schewtschenko-Denkmal seit 1999. Schade, dass der heutige Besucher nicht alle Monumente zugleich sehen kann, die den Platz schon geschmückt oder jedenfalls auf ihm gestanden haben. Denn dann könnte er anhand dieser Denkmal-Galerie die wechselhafte Geschichte der Stadt durchdeklinieren: Im Zentrum der Hauptstadt des habsburgischen Kronlandes Bukowina stand nach dem Willen der katholischen Dynastie eine Mariensäule. Die wich, als die Bukowina nach dem Ersten Weltkrieg an »Großrumänien« fiel, der Statue eines rumänischen Soldaten. Als Czernowitz nach dem Zweiten Weltkrieg mit dem nördlichen Teil der Bukowina zur Sowjetunion, genauer zur Ukrainischen Sozialistischen Sowjetrepublik kam, war der erzene rumänische Held natürlich nicht mehr opportun, zumal Rumänien zuvor an der Seite NS-Deutschlands gegen die UdSSR gekämpft hatte. 1952 trat eine Statue Wladimir Iljitsch Lenins an seine Stelle. Lenin hatte mit Czernowitz unmittelbar so wenig zu tun wie Schewtschenko, allerdings überschwemmte die Sowjetmacht ihren gesamten Herrschaftsbereich zwischen Elbe und Japanischem Meer mit Denkmälern ihres bereits 1924 verstorbenen Gründervaters, da nicht alle von ihr Beglückten zu dessen einbalsamierter Leiche im Reliquienschrein auf dem Roten Platz in Moskau pilgern konnten. Mit dem Untergang der Sowjetunion vor jetzt fast genau 25 Jahren indes setzte auch die drastische Korrektur der Lenin-Denkmals-Inflation ein, so auch in Czernowitz.
Jetzt also Schewtschenko, na gut. Goethe steht bei uns ja auch an allerhand Orten, an denen er nie verweilte, geschweige denn dichtete. Und dafür, dass sich im Schatten des Bronzeriesen ein Werbetrupp der rechtsextremen und nationalistischen Partei »Swoboda« niedergelassen hat und an seinem Tischchen ein ganze Reihe vermutlich nicht nur echt wirkender Schusswaffen und einige Munition zeigt, dafür kann der vor mehr als 150 Jahren verstorbene Dichter wahrlich nichts. Keine sehr beruhigende Nachbarschaft jedenfalls. Immerhin: Bei der letzten, vorgezogenen Parlamentswahl in der Ukraine Ende Oktober 2014 verlor die Swoboda-Partei mehr als die Hälfte der Stimmen, die sie 2012 erhalten hatte und verfehlte mit 4,71 Prozent der abgegebenen Stimmen die auch im ukrainischen Wahlrecht geltende Fünfprozenthürde (erhielt jedoch sechs Direktmandate). Die politische Landschaft in der Ukraine ist für unsereinen nicht leicht zu verstehen, schon weil sie stark zersplittert ist. Derzeit sind im ukrainischen Parlament 11 Parteien vertreten, vier davon allerdings mit nur einem Mandat. Es gibt auch eine beträchtliche Anzahl von Abgeordneten, die als Direktkandidaten ohne Parteizugehörigkeit gewählt wurden (96 von insgesamt 450 Abgeordneten). Der Einfluss mehr oder weniger anonymer Geldgeber auf die Parteien ist groß, wie überhaupt die Korruption eines der schwerwiegendsten Hindernisse auf dem Weg der Ukraine zu stabilen demokratischen Verhältnissen war und ist. Derzeit ringt man allerdings um eine künftige staatliche Parteienfinanzierung, die für mehr Transparenz und größere Unabhängigkeit von einzelnen Finanziers sorgen soll. Das Vertrauen der Ukrainer in »ihre« Parteien ist, kaum verwunderlich, zurzeit gering: In einer Umfrage vom November 2015, in der die Befragten sich dazu äußern sollten, ob es eine Partei gebe, von der sie ihre Interessen vertreten sähen, antworten 56,5 Prozent mit einem klaren Nein, für weitere 20,2 Prozent war dies »schwer zu sagen«. Über die Hälfte der Befragten sagte zugleich aus, dass sie kein Vertrauen in die Parteien hätten, anders war dies nur bei 11,8 Prozent. Die Zahl der Menschen, die sich durch Mitgliedschaft zu einer Partei bekennen, ist seit 2010 deutlich gesunken.
Die Ukrainer suchen in der schwierigen Lage, in der sie sich mit ihrem Land befinden, offenbar vielfach anderen Rückhalt. Womit wir wieder, endlich, bei Stepan, dem Busfahrer, wären. Seine mit der unentwegten Bekreuzigung ganz selbstverständlich zum Ausdruck kommende Frömmigkeit mag wohl nur uns mehrheitlich säkular geprägten Westeuropäern überhaupt auffallen, manchem vielleicht gar befremdlich erscheinen. Ich schätze Stepan auf etwa 45 Jahre; er hat also vermutlich zumindest einen erheblichen Teil seiner Kindheit und Jugend bis 1991 noch in der explizit religionsfeindlichen Sowjetunion zugebracht. Wann er zum gläubigen Christen geworden ist, vermag ich natürlich nicht zu sagen – aber dass er unter seinen ukrainischen Landsleuten durchaus nicht aus dem Rahmen fällt, das kann aus einigen Zahlen geschlossen werden. Gemäß einer Umfrage vom April 2014 bezeichneten sich 76,0 Prozent der Befragten als »gläubig«, weiteren knapp 12 Prozent fiel es schwer, sich zwischen »gläubig« oder »ungläubig« zu entscheiden. 4,7 Prozent der Ukrainer bezeichneten sich demgegenüber ausdrücklich als »nicht gläubig«, allerdings nur weitere 2,5 Prozent als »überzeugte Atheisten«. Die Zahl derer, die sich als »gläubig« bezeichneten, lag im Jahr 2000 noch bei 57,8 Prozent, ist also in den anderthalb Jahrzehnten seither um mehr als 18 Prozent gestiegen. Dabei gibt es zwischen den Regionen in der Ukraine beträchtliche Unterschiede: In der Westukraine, durch die unsere Reise führt, bezeichneten sich 2014 93 Prozent der Befragten als »gläubig«, in der Ostukraine dagegen lediglich 62,5 Prozent.
Ein – inzwischen wieder – klar mehrheitlich christliches Land also? Ja, aber näher besehen doch erheblich komplizierter. Denn die orthodoxe Kirche, der die große Masse der ukrainischen Christen anhängt, ist in mehrere, und zwar konkurrierende Richtungen aufgespalten. In den letzten anderthalb Jahrzehnten hat vor allem die Bedeutung der Ukrainisch-orthodoxen Kirche, die einem eigenen, in Kiew residierenden Patriarchen untersteht, erheblich zugenommen. Nach der staatlichen Unabhängigkeit der Ukraine, die mit dem Zerfall der Sowjetunion 1991/92 erreicht wurde, löste sich auch die Verbindung zum Moskauer Patriarchat der Russisch-orthodoxen Kirche – allerdings blieb ein Teil der jetzt gegründeten Ukrainisch-orthodoxen Kirche dem Moskauer Patriarchat treu, während ein anderer Teil sich dem neu geschaffenen Kiewer Patriarchat unterstellte. Bekannten sich im Jahr 2000 nur 12,1 Prozent der Angehörigen der Ukrainisch-orthodoxen Kirche zum Kiewer Patriarchat, so hatte sich ihr Anteil bis 2014 auf 22,4 Prozent erhöht. Der größte Teil der Christen in der Ukraine bezeichnet sich aber noch immer als »einfach orthodox«, ohne Festlegung auf eines der beiden Patriarchate (2000: 38, 6 Prozent; 2014: 28,1 Prozent). Auch hier gibt es wieder gravierende Unterschiede zwischen den Regionen der Ukraine. Zweifellos hat die Entscheidung zwischen der Anhänglichkeit an eines der beiden Patriarchate auch mit der Haltung zur ukrainischen Nationalstaatlichkeit bzw. der Haltung zum großen Nachbarn Russland zu tun. Die kirchlichen Verhältnisse sind mithin ihrerseits – jenseits der starken Zunahme der christlichen Gläubigen im Allgemeinen – nicht ganz leicht zu durchschauen (die kleinen christlichen Kirchen seien hier beiseitegelassen) und obendrein wenigstens teilweise politisch konnotiert.
Jedenfalls: Stepan hat viele Gelegenheiten, das Kreuz zu schlagen, auch als wir Czernowitz verlassen und uns auf den Weg nach Lemberg gemacht haben. Denn offenbar sind in den letzten Jahren nicht wenige Kirchen in der Ukraine neu errichtet worden – viele an den Rändern von Städten, oft hineingepflanzt in hässliche Plattenbausiedlungen. Als die atheistische Sowjetunion ihren Bürgerinnen und Bürgern auch in der Ukraine diese neue Art des Wohnens bescherte (vor allem seit den 1970er Jahren), da waren Kirchen nicht vorgesehen. Jetzt wird das nachgeholt – und so glänzen mitten im tristen Grau des einfallslosen Betons neue goldene Kuppeln und Kreuze. Stepan sieht sie alle.
Unterwegs, die Straße führt entlang des Pruth (der zum großen Donau-Schwarzmeer-Flußsystem gehört), passieren wir nach nur etwa 30 Kilometern bei Snjatyn wieder eine heute unsichtbare habsburgische Provinzgrenze, verlassen also die Bukowina und erreichen galizischen Boden. Das einstige »Königreich Galizien und Lodomerien«, das mit der Ersten Teilung Polens 1772 an die Habsburger fiel, war bis zum Zerfall von deren Monarchie eine der vielfältigsten Kultur- und Sprachlandschaften im habsburgischen Machtbereich. Ähnlich der benachbarten Bukowina ein vielleicht gelegentlich eher vernachlässigtes Nebenland der Herrscher in Wien, in weiten Teilen ein bescheidenes, zuweilen auch armes Bauernland, besonders im östlichen Teil – dies obwohl Galizien von der Fläche her die größte habsburgische Provinz im cisleithanischen (nicht-ungarischen) Reichsteil war. Hier lebten unter dem habsburgischen Zepter Polen, Ruthenen (die heute Ukrainer genannt werden), Deutsche, die als bäuerliche Siedler, Kaufleute oder Beamte hierhergekommen waren, einige andere, kleinere Völkerschaften (etwa Armenier) und – Juden. Nach der Volkszählung von 1890 lebten in Galizien circa 6,6 Millionen Menschen, davon 45 Prozent Ruthenen, 43 Prozent Polen, etwa zwei Prozent Deutsche und rund 10 Prozent Juden. Das waren deutlich mehr als die 4,4 Prozent im Durchschnitt der Habsburgermonarchie (im damaligen Deutschen Reich gehörte zu diesem Zeitpunkt nur rund ein Prozent der Bevölkerung der jüdischen Religionsgemeinschaft an). So war Galizien eine Region der »Schtetl«, der stark jüdisch geprägten oder auch dominierten Dörfer und (Klein-)Städte. Eine eigenartige Pflanzstätte, in der viel Armut herrschte, aber auch viel Bildungs- und Aufstiegswille. Hier wurde Jiddisch gesprochen, aber auch Deutsch, vor allem in den Familien, die ihren Kindern durch den Besuch höherer Schulen einen Ausweg aus den ärmlichen Verhältnissen schaffen wollten. So hat das jüdische Galizien der Welt viele herausragende Köpfe beschert, Joseph Roth (1894–1939) etwa, den großen Schriftsteller, dessen wesentlich weiter nördlich gelegenen Geburtsort Brody wir leider nicht zu Gesicht bekommen. Aber wir fahren direkt durch Zablotow (heute Sabolotiv) – hier kam mit Manès Sperber im Dezember 1905 ein anderer Meister der Sprache zur Welt. Sperber floh noch als Kind mit seinen Eltern in den Wirren des Ersten Weltkriegs nach Wien, als russische Truppen große Teile Galiziens eroberten. Der Welt seiner Herkunft hat er im ersten Band seiner Autobiographie »Die Wasserträger Gottes« (1974) ein Denkmal gesetzt – ein Zeugnis, dessen Wert noch steigt angesichts der Vernichtung des galizischen Judentums im Zuge des von deutscher Seite in Gang gesetzten Massenmordes seit dem Sommer 1941. Manès Sperber, inzwischen studierter Psychologe, lebte später längere Zeit in Berlin, schloss sich der KPD an, musste vor der nationalsozialistischen Verfolgung 1933 nach Frankreich fliehen und hat sich 1937 – als er von den mörderischen »Säuberungen« in der stalinistischen Sowjetunion erfuhr – vom Kommunismus wieder abgekehrt. Der gewaltige, von seinem eigenen Lebensweg mitgeprägte Romanzyklus »Wie eine Träne im Ozean« (entstanden zwischen 1949 und 1955) gehört zu den wichtigsten politischen Erzählwerken des 20. Jahrhunderts. Sperber hat darin versucht, exemplarisch den nicht selten leidvollen Weg von Menschen seiner Generation zwischen den Totalitarismen zu zeichnen – eine fesselnde, »normale« Geschichtsbücher an Anschaulichkeit und Spannung weit hinter sich lassende Lektüre. Wenige Monate vor seinem Tod im Februar 1984 erhielt Sperber den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels. Die Laudatio auf ihn hielt damals Siegfried Lenz.
Rasch, allzu rasch fliegt Zablotow vorüber, wir fahren über Kolomea (Kolomya) weiter nach Ivano-Frankivsk, ehemals Stanislau. Auch hier gab es bis zum Einmarsch der Wehrmacht 1941 und dem folgenden Massenmord eine große jüdische Gemeinde. In jüngerer Zeit mag der Name der Stadt hier und da wahrgenommen worden sein, als Swetlana Alexijewitsch 2015 den Literaturnobelpreis erhielt. Die Autorin wurde als Kind einer ukrainischen Mutter und eines aus Weißrussland stammenden Vaters 1948 dort geboren, wuchs aber bald darauf in der Heimat ihres Vaters auf. 1960 wurde in Ivano-Frankivsk Jurij Andruchowytsch geboren, derzeit einer der international bekanntesten Autoren der Ukraine. Am Rande unserer Strecke liegt noch Stryj, wo 1933 Ludwik Begleiter geboren wurde, den vermutlich wesentlich mehr Menschen unter dem Namen kennen, den er annahm, nachdem ihm nach vielen Verfolgungen und einem lange Zeit ganz unwahrscheinlichem Überleben mit seinen Eltern 1947 die Emigration in die USA gelungen war: Louis Begley. Lange Zeit als Rechtsanwalt in New York lebend, hat Begley erst 1991 mit »Lügen in Zeiten des Krieges« seinen autobiographisch geprägten, während der Judenverfolgung im besetzten Polen spielenden Erstlingsroman vorgelegt. Seither gehört der aus Galizien stammende Autor zu den großen Namen der amerikanischen Gegenwartsliteratur. Galizien – noch immer ein Land der Literatur.
Endlich: Lemberg oder Lwów oder Lviv; auf welche Phase der Geschichte dieser Stadt man schaut, entscheidet letztlich darüber, für welchen Namen man sich entscheidet. Dass diese schöne Stadt zur polnischen, ukrainischen, österreich-ungarischen und ein Stück weit auch zur deutschen Geschichte gehört, geht schon aus der Mehrsprachigkeit ihres Namens hervor. Seit die Siedlung, die später Lemberg oder Lwów oder Lviv genannt werden sollte, Mitte des 13. Jahrhunderts erstmals schriftlich erwähnt wurde, haben viele Herren und mehrere Völker ihre Geschicke bestimmt oder wenigstens mitbestimmt. Nach der Gründung durch den slawischen Fürsten Danilo gehörte die Stadt zu dessen galizischem Fürstentum. Schon seit Mitte des 14. Jahrhunderts streckten die polnischen Könige ihre Hände nach ihr aus, seit 1375 war sie Mittelpunkt einer Woiwodschaft der polnischen Krone. 1356 hatte die Stadt das Magdeburgische Stadtrecht verliehen bekommen (wie viele andere Städte im östlichen Europa auch); bedingt durch die Zuwanderung deutscher Kaufleute wurde die Amtssprache für rund 200 Jahre Deutsch. 1661 erhob der polnische König Johann II. Kasimir ein seit einigen Jahrzehnten vorhandenes Jesuitenkolleg zur Universität – heute ist sie damit die älteste Universität der Ukraine. Als Galizien mit der Ersten Teilung Polens 1772 an die Habsburger fiel, behauptete Lemberg den Rang als Hauptstadt der neuen Provinz. In der Stadt wurde weiterhin Deutsch, Polnisch, Jiddisch und Ruthenisch (Ukrainisch) gesprochen. Im Jahre 1910 hatte Lemberg etwa 206.000 Einwohner, davon gaben 88,9 Prozent Polnisch, 8,7 Prozent Ruthenisch (Ukrainisch) und 2,3 Prozent Deutsch als Umgangssprache an. Das Jiddische jedoch war in der Habsburgermonarchie nicht als eigenständige Sprache anerkannt. Die Sprachenverhältnisse korrelierten also nur bedingt mit den ethnischen bzw. religiösen Gegebenheiten; rund 28 Prozent der Lemberger bekannten sich zu dieser Zeit zum Judentum, die meisten davon waren mehrsprachig. Auch die große jüdische Gemeinschaft Lembergs fiel seit 1941 der antisemitischen Verfolgung zum Opfer.
Überhaupt: Das 20. Jahrhundert hat ein schauriges Maß an Gewalt und Zerstörung über Galizien und über seine Hauptstadt gebracht. Wer – wie wir – den berühmten Lytschakiwski-Friedhof besucht, erhält zumindest eine Ahnung davon. Und er lernt, dass die Geschichte Lembergs oder Lwóws oder Lvivs und der Ukraine im 20. Jahrhundert eines jedenfalls nicht ist, nämlich einfach. Der Lytschakiwski-Friedhof wurde Ende der 1780er Jahre angelegt, bald nachdem Lemberg habsburgisch geworden war. Seither finden dort bis heute Bestattungen statt. So fallen sogleich nach Betreten des weitläufigen Geländes frische Gräber auf, die mit Fähnchen und Bändern in den blau-gelben ukrainischen Nationalfarben geschmückt sind. Nicht selten finden sich auf den Grabkreuzen auch Fotos der Verstorbenen, die zum Teil erst in den letzten Wochen beigesetzt wurden: Fast durchweg junge Männer, oft in die Kamera lachend, einige, aber keineswegs alle in Uniform. Es ist nicht schwer zu erraten: Es handelt sich um Gefallene aus dem Krieg in der Ostukraine, der seit dem April 2014 mit wechselnder Intensität tobt. In den Kämpfen zwischen ukrainischen Armee- und Freiwilligen-Einheiten mit den von Russland unterstützten ostukrainischen Separatisten sind nach Schätzungen von Experten der Vereinten Nationen bis zum Mai 2016 über 9.400 Menschen getötet und nahezu 22.000 verwundet worden. Vermutlich liegen die realen Zahlen weit höher. Allein im Monat unseres Besuches in der westlichen Ukraine sind in den umkämpften östlichen Teilen des Landes mindestens 58 Menschen gewaltsam umgekommen, mehr als 250 sind durch Kampfhandlungen verletzt worden. Ein trügerischer Friede, der uns Touristen umgibt.
Der Lytschakiwski-Friedhof macht uns unversehens die schwierige Gegenwart der Ukraine bewusst, ihre nicht minder schwierige Vergangenheit tritt uns nur wenige Schritte weiter vor Augen. Auf einem recht großen Areal befinden sich die Gräber der polnischen Verteidiger von Lemberg, die 1918/19 gefallen sind. Die Stadt geriet damals, mit dem Zerfall der Habsburgermonarchie am Ende des Ersten Weltkriegs, sogleich in die Gebietsstreitigkeiten zwischen dem wiedererstehenden polnischen und dem neu gegründeten ukrainischen Staat. Diese wurden kriegerisch ausgetragen; den ukrainischen Versuch, Lemberg zu erobern, wehrten polnische Einheiten ab. Diese bestanden zum Teil aus sehr jungen Freiwilligen, darunter viele Schüler und Studenten. Den umgekommenen »Lemberger Adlern« wurde in den 1920er Jahren, als Lemberg zur polnischen Republik gehörte, eine repräsentative Grabstätte errichtet. Als die Stadt aber im Zweiten Weltkrieg zunächst von deutscher Seite besetzt, nach dessen Ende zur sowjetischen Ukrainischen Volksrepublik kam, wurden die Gräber der »Adler« dem Verfall preisgegeben. Erst 2005 wurde nach einer Einigung zwischen der polnischen und der ukrainischen Regierung der wiederhergestellte Friedhofsteil erneut eingeweiht. Die rot-weißen Bänder und Blumen auf einigen der Gräber zeugen davon, dass offenbar immer noch – oder wieder – polnische Besucher die Grabstätten ihrer Lemberger Vorfahren besuchen. Ganz in der Nähe der »Adler« ruhen indessen ihre ukrainischen Gegner, die in den Kämpfen um die Stadt 1918/19 umkamen. Wiederum unweit davon erinnert ein Mahnmal an die Ukrainer, die zuvor als Angehörige der österreichisch-ungarischen Armee im Ersten Weltkrieg gefallen waren. Erinnerungsorte gibt es hier weiterhin für die Opfer des sowjetischen Geheimdienstes NKWD: Als Lemberg im Herbst 1939 im Zuge des Hitler-Stalin-Paktes nach der Niederlage Polens von sowjetischen Truppen besetzt wurde, verhaftete der Geheimdienst eine große Zahl von Personen, die man für Gegner des kommunistischen Systems hielt. Oft handelte es sich dabei um Angehörige der polnischen Bildungselite. Als dann schon wenige Tage nach Beginn des Angriffs auf die Sowjetunion im Juni 1941 bereits Wehrmachtseinheiten vor Lemberg standen, ließ das NKWD die Gefangenen, die nicht abtransportiert werden konnten, ermorden. Und wieder nur ein Stückchen weiter steht ein anderer Gedenkstein von beachtlicher Größe: Er ist den ukrainischen SS-Freiwilligen gewidmet, die seit dem Frühjahr 1943 rekrutiert wurden. Auf dem Gedenkstein findet sich zwar kein direkter Hinweis darauf, dass es sich um einen SS-Verband handelte, das Wappen der zunächst unter dem Namen »SS-Schützendivision ›Galizien‹« aufgestellten Einheit ist jedoch klar erkennbar – es wird heute noch von extrem nationalistischen Kräften in der Ukraine verwendet. Dieser SS-Verband war an Verbrechen gegen jüdische und polnische Zivilisten beteiligt.
Überhaupt hat es während des Zweiten Weltkrieges in Galizien viel ethnisch begründete Gewaltsamkeit gegeben, teils mit, teils ohne direkte Unterstützung von deutscher Seite. Die auch in Lemberg und Umgebung zigtausendfach ermordeten jüdischen Opfer liegen indessen nicht auf dem christlichen Lytschakiwski-Friedhof. Noch einige Jahre über 1944/45 hinaus kämpften ukrainische Partisanen gegen die von der Roten Armee wiedererrichtete sowjetische Herrschaft. Stepan Bandera, eine der Führungsfiguren, ist bis heute eine der umstrittensten Persönlichkeiten der ukrainischen Geschichte, für die einen ein Verbrecher, für die anderen ein Nationalheld. Bandera, der seit 1939 zeitweilig mit der deutschen Besatzungsmacht kooperiert hatte, dann jedoch längere Zeit im KZ Sachsenhausen inhaftiert war, liegt allerdings nicht auf dem Lytschakiwski-Friedhof begraben, sondern in München, wo er, inzwischen emigriert, 1959 im Auftrag des sowjetischen Geheimdienstes ermordet wurde. Im August 2014 – mithin einige Monate nach Beginn der Kampfhandlungen in der Ostukraine – wurde das Bandera-Grab in München von Unbekannten gezielt beschädigt. Zuweilen ist die Ukraine mit ihrer verwickelten, oft blutigen Geschichte uns Deutschen näher als viele denken.
Ach, Lemberg oder Lwów oder Lviv und seine Toten … Schweres historisches Gepäck, zu dessen Gewicht wir Deutschen nicht wenig beigetragen haben. Also sollte uns die Ukraine von heute interessieren. Dies natürlich nicht nur wegen der Toten, sondern mehr noch wegen der Lebenden. Da sind etwa die nach Angaben des UN-Flüchtlingshochkommissariats rund 1,4 Millionen Binnenflüchtlinge, die angesichts der ohne Rücksicht auf die Zivilbevölkerung geführten Kämpfe aus der Ostukraine geflohen sind. Viele davon haben in Russland Zuflucht gesucht, viele aber eben auch innerhalb der Ukraine. Rund 3 Prozent der ukrainischen Gesamtbevölkerung (ca. 45,5 Millionen Menschen, Stand 2013) sind von der Fluchtbewegung betroffen – die derzeit etwa eine Million Flüchtlinge in Deutschland machen demgegenüber nur rund 1,2 Prozent der Gesamtbevölkerung aus.
Stadtbesichtigungen machen hungrig, selbst wenn Friedhöfe auf dem Programm stehen. Wir besuchen auf Empfehlung unseres ukrainischen Reiseleiters ein großes Schnellrestaurant, wo man sich an einem langen Buffet aus einer Fülle von Speisen die Mahlzeit selbst zusammenstellen kann. Alles sehr sauber, ordentlich, appetitlich. Ich nehme eine große Bratwurst mit reichlich Krautbeilage, ein Brötchen, einen Beilagensalat und ein großes Glas Orangensaft. An der Kasse bezahle ich 52,50 Hrywnja. Umgerechnet waren das für mich im Mai 2016 1,88 Euro. Ein Spottpreis, wahrhaftig. Wir Touristen sind obendrein stark begünstigt durch den drastischen inflationären Wertverlust der ukrainischen Währung, welcher durch den Krieg im Osten des Landes massiv verstärkt wurde. Zwischen Anfang 2010 und Ende 2015 hat die Hrywnja gegenüber dem Euro deutlich mehr als die Hälfte ihres Wertes verloren, gegenüber dem Dollar noch erheblich mehr. Heute übrigens, im September 2016, bräuchte ich für den gleichen Betrag beim Essen umgerechnet nur noch 1,75 Euro zu bezahlen. Ob nun 1,88 oder 1,75 Euro, unsereinem fällt das kaum auf. Für viele Ukrainer sieht das indes völlig anders aus. Nach Angaben des Ukrainischen Statistikamtes sind die Preise zwischen 2014 und 2016 um rund 82 Prozent gestiegen. Das monatliche Durchschnittseinkommen lag im Juni 2016 in der Ukraine bei 5.300 Hrywnja. Davon sind für Einkommensteuer und »Kriegsabgabe« knapp 20 Prozent abzuziehen. Bleiben also etwa 3.700 Hrywnja. Da stellt sich der »Spottpreis« von 52,50 Hrywnja schon anders dar. Der gesetzliche Mindestlohn lag im Juni 2016 in der Ukraine bei 1.450 Hrywnja monatlich, das sind derzeit etwa 48 Euro. Unerreichbar für sehr viele Ukrainer also mein »billiges« Essen.
Ach, die Ukraine, ein so von der Geschichte geschlagenes, armes und doch kulturell so reiches und vielfältiges Land. Wir waren unterwegs auf den Spuren des alten Galizien – dessen Geschichte geht uns Deutsche auch ein Stück weit an. Gegenwart und Zukunft der Ukraine gehen uns im vereinten Europa noch viel mehr an.
Das waren unsere Reisestationen 2016:
Rumänien, Ukraine und Polen 2016
Von den Moldauklöstern nach Galizien
1. Tag: Donnerstag, 14. April
Bustransfer von Düsseldorf zum Flughafen Dortmund. Flug von Dortmund nach Klausenburg/Cluj (Rumänien). Geplante Flugzeiten: Abflug um 07:40 Uhr, Ankunft um 10:50 Uhr. Treffen mit der Reiseleitung am Flughafen Klausenburg. Bustransfer zum Hotel. Anschließend Besichtigung der Altstadt von Klausenburg mit der orthodoxen Kathedrale, der Oper, der Universität, dem Matthias Corvinus Geburtshaus und der Hl. Michael Kirche, die nach deutsch-gotischem Vorbild gebaut wurde. Abendessen und Übernachtung in Klausenburg.
2. Tag: Freitag, 15. April
Vormittags Fahrt von Klausenburg nach Bonţida. Hier besuchen wir das Banffy Schloss, die Sommerresidenz der gleichnamigen ungarischen Adelsfamilie. Weiterfahrt nach Bistritz, eine Stadt, die von der Kultur der Siebenbürger Sachsen geprägt ist. Stadtrundgang und Besuch der evangelischen Kirche. Anschließend Fahrt durch die Karpaten in das Gebiet der Moldauklöster nach Gura Humorului. Abendessen und Übernachtung in Gura Humorului im Gebiet der Moldauklöster.
3. Tag: Samstag, 16. April
Der heutige Tag steht ganz im Zeichen der Moldauklöster. Die Bukowina, eine kleine, in sich geschlossene Landschaft der Moldau, mit wunderschönen Bergen und Wäldern, wird als Wiege der rumänischen Orthodoxie betrachtet. In dieser herrlichen Naturlandschaft entstanden im 16. Jh. die bemalten Klosterkirchen. Sie sind mit reichen Freskenzyklen geschmückt, die in leuchtender Farbenpracht die Innen- und Außenwände zieren und ein eindrucksvolles Bild des lebendigen Christentums der damaligen Zeit bieten. Wir besuchen die Klosterkirchen von Moldoviţa, Suceviţa, Voroneţ. In Marginea schließlich sind wir bei jenen Töpfern zu Gast, die die berühmte Schwarzkeramik fertigen. Abendessen und Übernachtung in Gura Humorului im Gebiet der Moldauklöster.
4. Tag: Sonntag, 17. April
Wir fahren Richtung Norden zur rumänisch-ukrainischen Grenze und weiter nach Czernowitz. Treffen der ukrainischen Reiseleitung im Hotel. Ausführliche Besichtigung von Czernowitz. Czernowitz, auch als »Klein-Wien” bekannt, galt als Stadt der Literatur und hatte im 19. Jh. eine blühende deutsch-jüdische Kultur. Hinter den Dichtern Paul Celan und Rose Ausländer steht eine fast 200-jährige deutsche Sprach- und Literaturtradition. Vor dem Ersten Weltkrieg erschienen hier fünf deutschsprachige Zeitungen. Czernowitz hatte über 70 Synagogen, heute noch eine. Der ehemalige jüdische Tempel ist heute ein Kino. Auf der Stadtrundfahrt kann man die frühere Residenz des Metropoliten der Bukowina besichtigen, den Seminartrakt der Universität mit einer Kirche, dem Bukowinazentrum und der österreichischen Bibliothek.
Das Theater der Stadt wurde 1905 im reinen Jugendstil erbaut, bis Ende des Ersten Weltkrieges stand ein Schillerdenkmal davor. Der jüdische Friedhof mit über 50.000 Gräbern zählt zu den größten erhaltenen. Der Besuch des Völkerkundemuseums eröffnet die Vielfalt der einheimischen Ethnographie, Mode, Baukunst und Lebensweise. Abendessen und Übernachtung in Czernowitz.
5. Tag: Montag, 18. April
Die heutige Fahrt führt bis Lemberg, das heutige Lviv. Unterwegs Station in Kolomyja. Stadtrundgang durch den historischen Teil der Stadt. Besichtigung des einmaligen Museums »Pysanka« (bemalte Ostereier) sowie des Museums »Guzulschtschyna« mit einer reichen Sammlung von Gegenständen und Kunstwerken der Guzulischen Region. Desweiteren Station in Ivano-Frankivsk, das alte Stanislau. Stadtrundgang. Ivano-Frankivsk besitzt eine sehenswerte Altstadt, die in den Jahren nach der Unabhängigkeit der Ukraine nahezu vollständig renoviert wurde. Architektonisch erinnert der Stadtkern von Ivano-Frankivsk in vielem an das alte Österreich-Ungarn. Weiterfahrt nach Lemberg und Hotelbezug. Abendessen und Übernachtung in Lemberg.
6. Tag: Dienstag, 19. April
Stadtrundfahrt in Lemberg. Lemberg war immer ein Schmelztiegel verschiedener Völker und Kulturen. Vor allem Polen und Juden bildeten in der Vergangenheit den Hauptteil der Bevölkerung. Das Stadtbild, das seit dem letzten Jahrhundert kaum verändert wurde, vermittelt heute den Eindruck einer habsburgischen k.u.k. Stadt, wenngleich auch noch viel zu renovieren ist. Das Zentrum ist in die Liste des UNESCO-Weltkulturerbes aufgenommen worden. Auf engstem Raum drängt sich eine Vielzahl von Sehenswürdigkeiten. Joseph Roth (1894–1939), Autor der Romane »Hotel Savoy« und »Radetzkymarsch«, studierte in Lemberg und kehrte häufig »in die Gassen seiner Jugend« zurück. Abendessen in einem gemütlichen Stadtrestaurant und Übernachtung in Lemberg.
7. Tag: Mittwoch, 20. April
Busfahrt von Lemberg zur ukrainisch-polnischen Grenze und Weiterfahrt nach Krakau. Die polnische Reiseleitung treffen wir in Rzeszów. Weiterfahrt nach Tarnów. Stadtrundgang in Tarnów, sehenswert sind vor allem die Kathedrale St. Maria, der Marktplatz mit dem Rathaus aus dem 15. Jahrhundert, die zahlreichen Bürgerhäusern und die Überreste der Synagoge Bima aus den 17. Jahrhundert. Ankunft in Krakau am späten Nachmittag. Abendlicher Bummel über den Krakauer Marktplatz mit den weltberühmten Tuchhallen. Abendessen und Übernachtung in Krakau.
8. Tag: Donnerstag, 21. April
Freie Zeit in Krakau. Gegen Mittag Transfer zum Flughafen Kattowitz/Katowice. Flug von Kattowitz nach Dortmund. Geplante Flugzeiten: Abflug um 15:20 Uhr, Ankunft um 17:00 Uhr. Bustransfer zurück nach Düsseldorf.