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Wolfgang Lippet, Foto: Horst Samson
 

Aktionsgruppe Banat – Ein deutscher Dichterkreis in Rumänien

Lesung und Gespräch mit dem Schriftsteller Johann Lippet

Der Dichterkreis »Aktionsgruppe Banat« ist eine Gruppe junger deutschsprachiger Autoren, die sich Anfang der 1970er-Jahre in der südwestrumänischen Stadt Timișoara/Temeswar gründete und 1972 mit provozierenden Texten und ebensolchen Äußerungen zu Literatur und Gesellschaft an die rumäniendeutsche Literaturöffentlichkeit trat. Johann Lippet, Rolf Bossert, Werner Kremm, Gerhard Ortinau, Anton Sterbling, William Totok, Richard Wagner, Albert Bohn und Ernest Wichner publizierten fortan gemeinsam erarbeitete Anthologien und Textmontagen. Diese junge Literatur wurde durch den kommunistischen Staat zwar argwöhnisch beobachtet, doch zunächst toleriert, wenn nicht gar begrüßt, da sie sich vor allem gegen die konservative Haltung der eigenen rumäniendeutschen Eltern richtete. Drei Jahre lang trieb die »Aktionsgruppe Banat« ihr freches Spiel, dann aber schlug die Securitate zu. Der Staat wollte sich nicht länger von den jungen Dichtern provozieren lassen. Mitte der 1970er-Jahre zwangen zunehmende staatliche Repressionen die jungen Autoren zu verstummen oder auszuwandern. Ein kurzes, aber voller Mut, Trotz und Hoffnung geschriebenes Kapitel rumänisch-deutscher Geschichte. Viele Texte aus jenen frühen Jahren haben überlebt. Johann Lippet wird uns aus seinen Werken vorlesen und berichten, wie er im totalitären Rumänien bespitzelt und schließlich aus dem Land geekelt wurde.

Johann Lippet, geboren 1951 in Wels/Österreich, wo sich seine Eltern in den ersten Jahren nach den Kriegswirren getroffen hatten. Der Vater war aus der Kriegsgefangenschaft entlassen worden, die Mutter verschlug es beim Rücktransport aus der Russlanddeportation nach Österreich. 1956 kehrte die Familie zurück ins Banat, wo Johann Lippet im Dorf Wiseschdia, nahe an der Grenze zu Jugoslawien, seine Kindheit und Jugend verbrachte. Nach dem Besuch des Gymnasiums in Großsanktnikolaus/Banat studierte er Germanistik und Rumänistik an der Universität Temeswar, Gründungsmitglied der »Aktionsgruppe Banat«. Er arbeitete als Deutschlehrer und von 1978 bis zu seiner Ausreise in die Bundesrepublik als Dramaturg am Deutschen Staatstheater Temeswar. Ließ sich mit seiner Familie zunächst in Heidelberg nieder und arbeitete für die dortige Stadtbücherei. Seit 1998 lebt er als freier Schriftsteller in Sandhausen bei Heidelberg.

Rund fünfundzwanzig Buchveröffentlichungen, Lyrik und Prosa. Debüt-Band: biographie. ein muster. Poem (Kriterion Verlag Bukarest, 1980). In Deutschland erschienen seine Bücher größtenteils im Verlag Das Wunderhorn Heidelberg und im Pop Verlag Ludwigsburg. Neuere Veröffentlichungen: Das Leben einer Akte. Chronologie einer Bespitzelung. Dokumentation (Heidelberg 2009); Dorfchronik. Ein Roman (Ludwigsburg 2010); Bruchstücke aus erster und zweiter Hand. Roman (Ludwigsburg 2012); Amei und Mari oder Nacherzähltes Leben. Ein Heimatroman (Ludwigsburg 2015).

Die selbsterfahrene und überlieferte Geschichte der Banater Schwaben ist das Grundthema in Lippets literarischem Schaffen. Schauplatz seiner erzählerischen Welt ist sein Heimatdorf Wiseschdia mit den realen und phantastischen Erlebniswelten seiner Bewohner in der jüngsten Geschichte und historischen Rückblenden.

Moderation: Walter Engel, geboren 1942 in Deutschsanktmichael/Banat. Studium der Germanistik und Rumänistik an der Universität Temeswar (1960-1965), dort 1972-1980 tätig als wissenschaftlicher Assistent mit Lehrauftrag und Dozent für Neuere deutsche Literatur. Promotion 1981 an der Universität Heidelberg, wissenschaftlicher Mitarbeiter an Projekten der Universitätsbibliotheken Heidelberg und Frankfurt a.M., 1988–2006 Leiter des Hauses des Deutschen Ostens/(ab 1992) Gerhart-Hauptmann-Haus Düsseldorf. Veröffentlichungen zur deutschen und rumäniendeutschen Literatur.