Dass bis vor Kurzem, fast 75 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs, immer noch keine Gesamtdarstellung der europäischen Kollaboration mit dem Dritten Reich vorlag, kann mit Fug und Recht als das wohl größte Forschungsdesiderat in diesem historischen Problemkomplex angesehen werden.
Der promovierte Historiker Klaus Kellmann, viele Jahre Mitarbeiter der Landeszentrale für politische Bildung in Schleswig-Holstein, ausgewiesen auch als Stalinismus-Experte, hat sich dieser sensiblen Aufgabe in einer 666-seitigen Untersuchung zu allen 24 von der deutschen Wehrmacht besetzten Staaten gestellt. Er präsentiert den gewichtigen Band in seiner Konzeption und präzisiert einige Entwicklungslinien anhand ausgewählter Länderbeispiele in Einzelanalysen (Frankreich, Niederlande, Polen). Seine zentrale These lautet: Ohne schonungslose Aufarbeitung des Mitmachens und Mittuns mit den Deutschen bis hin zum Mord an den Jüdinnen und Juden wird es kein gemeinsames europäisches Narrativ und keine gemeinsame europäische Erinnerungskultur als das identitätsstiftende Element eines Europa von Morgen geben, mithin, es geht in seinem Vortrag nicht nur um die Vergangenheit, sondern nicht weniger auch um die Gegenwart und Zukunft des ganzen Kontinents. Klaus Kellmanns Buch ist seit Kurzem auch über die Bundeszentrale für politische Bildung erhältlich.
In Kooperation mit: Mahn- und Gedenkstätte Düsseldorf