Es war wohl eines der undankbarsten und schwierigsten Ämter, die Konrad Adenauer im September 1949 als frisch gewählter Bundeskanzler in seinem ersten Bundeskabinett zu vergeben hatte. Die Leitung des »Bundesministeriums für Vertriebene, Flüchtlinge und Kriegsgeschädigte« vertraute er schließlich Hans Lukaschek an. Für diesen sprach mindestens, dass er die gewaltigen Herausforderungen, die sich gerade mit Blick auf die rund 8 Millionen Vertriebenen und Flüchtlinge aus den historischen deutschen Ostgebieten, die bis dahin in die nunmehr begründete junge Bundesrepublik Deutschland gelangt waren, nur allzu gut persönlich kannte.
Lukascheks Familie stammte aus Oberschlesien, er selbst wurde 1885 in Breslau geboren. Nach dem Studium in seiner Heimatstadt und in Berlin schloss sich der promovierte Jurist der Zentrumspartei an, der Partei also, die als Sprachrohr des »politischen Katholizismus« galt und der auch der damalige Kölner Oberbürgermeister Adenauer angehörte. Lukaschek engagierte sich in der Kommunal- und Regionalpolitik; 1929 wurde er zum Oberpräsidenten (Verwaltungschef) der damaligen preußischen Provinz Oberschlesien ernannt.
Mit der Errichtung der NS-Diktatur verlor der erklärte Gegner der neuen Machthaber 1933 (wie Adenauer) zwangsweise sein bisheriges Amt. Lukaschek arbeitete fortan in Breslau als Rechtsanwalt. Er wirkte intensiv im »Kreisauer Kreis« des Grafen Moltke mit und wurde nach dem Attentat auf Hitler am 20. Juli 1944 verhaftet. Obwohl Lukaschek in der Haft auch gefoltert wurde, gelang es im Rahmen eines Prozesses vor dem »Volksgerichtshof« nicht, ihm eine Beteiligung an Widerstandsaktivitäten nachzuweisen – vor allem sicherlich auch aufgrund des Schweigens anderer Beteiligter.
Da 1945 eine Rückkehr in seine schlesische Heimat unmöglich geworden war, blieb Lukaschek zunächst in Berlin, wo er zum Gründerkreis der CDU gehörte. Nach Konflikten mit den neuen kommunistischen Machthabern in der Sowjetischen Besatzungszone ging Lukaschek Anfang 1948 in die damalige britische Besatzungszone. Hier konnte er wieder als Jurist arbeiten und engagierte sich für die Belange der Vertriebenen und Flüchtlinge. Dies war die Voraussetzung dafür, dass ihn sein Parteifreund Adenauer in seine erste Regierungsmannschaft aufnahm.
Die gewaltigen Probleme, an deren Bewältigung Lukaschek nunmehr hauptverantwortlich mitzuwirken hatte, gehörten zu den (sozial-)politischen Hauptherausforderungen der Regierung Adenauer I. Wie Hans Lukaschek damit umgegangen ist und wie er dabei von den Zeitgenossen wahrgenommen wurde, ist Gegenstand des Vortrages von Dr. Guido Hitze. Er ist in unserem Haus seit langem als ausgewiesener Experte für die Voraussetzungen und Folgen der Vertreibung der Deutschen aus dem historischen deutschen Osten bekannt. Der promovierte Historiker leitet seit 2020 die nordrhein-westfälische Landeszentrale für politische Bildung.