Bitte melden Sie sich unter sekretariat@g-h-h.de für die Zoom-Veranstaltung an.
Hans Habe (1911-1977) war stets ein streitbarer, ja ein streitlustiger Mensch. Als wortgewandter Journalist, Publizist und Romancier scheute er keine Konfrontation, war jahrzehntelang einer, der sich in Deutschland und darüber hinaus Gehör zu verschaffen wußte. Sein Name war bekannt, weniger bekannt war vielleicht, dass es sich um ein Pseudonym handelt. Als János Békessy wurde er am 12. Februar 1911 in Budapest geboren. Durch seinen Vater Imre Békessy wurde ihm die Beziehung zum Schreiben gewissermaßen in die Wiege gelegt, denn dieser war seinerseits ein zeitweilig heftig umstrittener Journalist und Herausgeber von populären Zeitungen. Um Distanz zu seinem Vater anzuzeigen, nahm der Sohn bereits in den 1920er Jahren und parallel zu ersten eigenen Schreiberfahrungen den Namen Hans Habe an. Unter diesem machte er in Österreich und der Tschechoslowakei eine steile Journalistenkarriere – und griff, selbst politisch eher konservativ orientiert, trotzdem oder gerade deswegen frühzeitig die NS-Bewegung und speziell Adolf Hitler persönlich heftig an.
Nach der Annektion Österreichs im März 1938 blieb Habe nur der Weg in die Emigration, als Hitler-Gegner jüdischer Herkunft erfüllte er nahezu in idealer Weise das Feindbild der NS-Verfolger. Rasch erfolgte auch seine Zwangsausbürgerung. Habe ging zunächst nach Frankreich ins Exil, von dort berichtete er als Korrespondent einer ungarischen Zeitung im Sommer 1938 über die Konferenz von Évian, auf welcher die Vertreter von 32 Staaten unter Führung der USA versuchten, eine Lösung für die Zukunft der in Deutschland verfolgten jüdischen Menschen zu finden. Da letztlich die Bereitschaft zur Aufnahme jüdischer Emigranten bei allen Beteiligten gering war, war die Konferenz ein nahezu vollkommener Fehlschlag. Habe resümierte sarkastisch in seinem letzten Bericht von der Konferenz, dass die Teilnehmerstaaten die Kosten für deren Durchführung untereinander aufgeteilt hätten, dass aber 12 Schweizer Franken dabei unbeglichen geblieben seien. Das inhaltliche Defizit war ungleich bitterer, ja für ungezählte Menschen tödlich.
Die Erinnerung an die Konferenz von Évian hat Hans Habe nicht losgelassen. Nachdem er in der französischen Armee 1940 vergeblich gegen die deutsche Invasion gekämpft hatte, war er in die USA geflohen. Von dort kehrte er als Angehöriger der US-Armee 1944/45 nach Deutschland zurück und spielte eine wichtige Rolle beim Aufbau des westdeutschen Zeitungswesens nach Kriegsende. Inzwischen längst auch als Romancier ausgewiesen, hat Habe 1965 den Roman »Die Mission« veröffentlicht, in welchem er einigen Beteiligten an der Konferenz von Évian ein literarisches Denkmal setzt. Dieser Roman und andere Texte von Hans Habe werden in der kommentierten Lesung vorgestellt.