Vortrag von Prof. Dr. Dr. h. c. Victor Dönninghaus
Als Nikita Sergejewitsch Chruschtschow am 11. September 1971 unweit von Moskau im Alter von 77 Jahren an Herzversagen starb, war der einst mächtigste Mann der Sowjetunion zwar nicht gänzlich vergessen, aber dennoch nur mehr eine Randfigur. Der aus einer bäuerlichen Familie stammende Chruschtschow hatte sich bereits in jungen Jahren den Bolschewiki um Wladimir I. Lenin angeschlossen. Nach Bürgerkrieg und Gründung der Sowjetunion machte er Karriere im Parteiapparat, zeitweilig begünstigt von Diktator Josef Stalin persönlich, wendig genug, um alle brutalen »Säuberungen« zu überstehen. Seine Rolle als politischer Führungsoffizier der Roten Armee im Kampf um Stalingrad 1942/43 ebnete ihm den Weg zum weiteren Aufstieg. Nach Stalins Tod Anfang März 1953 erklomm Chruschtschow schließlich nach
unübersichtlichen und teilweise tödlichen Auseinandersetzungen in der Führung der kommunistischen Partei den Gipfel der Macht. Weltweites Aufsehen erregte seine »Geheimrede« auf dem XX. Parteitag der KPdSU am 25. Februar 1956, mit welcher er die »Entstalinisierung« entscheidend vorantrieb. Unter seiner Führung geriet die Sowjetunion im Herbst 1962 im Rahmen der »Kuba-Krise« an den Rand eines Atomkrieges mit den USA unter Präsident John F. Kennedy. Rund ein Jahr später war Chruschtschow durch eine innerparteiliche Fronde unter Führung Leonid Breschnews, der ihn bald ersetzte, praktisch schon entmachtet. Als kaltgestellter »Polit-Rentner« verbrachte er seine letzten Lebensjahre bei Moskau.
Prof. Dr. Dr. h. c. Victor Dönninghaus (Lüneburg), der ein ausgewiesener Experte für die Geschichte der Sowjetunion ist, beleuchtet die politische Biographie Chruschtschows.